Regelmäßige 1:1-Meetings sind Pflichtprogramm für jede:n Teamleiter:in. Als gute Führungskraft gilt es ein ehrliches Interesse an sowie ein offenes Ohr für seine Mitarbeiter:innen zu haben. Doch wie strukturiert man seine Mitarbeitergespräche so, dass es zu einem regen Austausch kommt und man gleichzeitig auch immer wieder Impulsgeber sein kann?

 

1:1-Meetings im SEO-Beratungsteam bei Dept

Als Head of SEO bin ich für eine Abteilung von mehr als 20 Mitarbeiter:innen verantwortlich. Um jedem ausreichend Fokus und Wertschätzung entgegenzubringen, organisieren wir unser Departement seit Frühjahr 2021 in Teams á ca. sechs Personen. Jede:r Teamlead trifft sich alle zwei Wochen mit seinen Mitarbeiter:innen zu einem Gespräch. In dem einen Meeting wird dabei vor allem über den Status Quo der Kundenprojekte sowie fachlichen Themen gesprochen. In dem anderen Meeting geht es eher um die persönlichen Belange eines jeden Einzelnen. Eben diese zuletzt genannten 1:1-Meetings sind prinzipiell sehr offen gehalten, aber bieten das Potenzial eine wirkliche Verbindung zueinander aufzubauen.

Die 5-Finger-Methode schafft einen hilfreichen Gesprächsrahmen

Bei einem 1:1-Meeting geht es im Kern um die Frage „Wie geht es dir?“. Da diese Frage in unseren Breitengraden gern als nicht immer ernst gemeinte Floskelfrage rüberkommt und auch ein anschließendes „Wie geht es dir wirklich?“ selten ein tiefergehendes Gespräch in den Gang setzt, bedarf es anderer Fragen und Methoden, um ein Interesse am anderen auszudrücken.

Eine Möglichkeit, den 1:1-Meetings eine neue Struktur zu liefern, ist die 5-Finger-Methode. Ursprünglich gedacht, um kürzbündig Feedback zu geben, kann das Prinzip des 5-Finger-Feedbacks auch auf die Struktur von 1:1-Gespräche angewendet werden. Dabei steht jeder Finger einer Hand für eine Fragestellung:

 

Der Daumen

Dies beinhaltet die Frage: Was läuft aktuell bei dir super und wer oder was bekommt einen „Daumen hoch“ von dir?

Diese Frage ist ein guter Startpunkt und soll die Themen hervortragen, die besonders gut laufen und für die der Mitarbeitende dankbar ist. Sofern sich der Dank auf eine andere Person richtet, kann man hier dazu ermutigen, dieses Feedback direkt an die Person weiterzugeben.

 

Der Zeigefinger

Dies beinhaltet die Frage: Wie stehst du im Hinblick auf deine gesetzten Ziele und worauf richtest deinen Zeigefinger?

Beim Feedbackgespräch werden üblicherweise mit jedem Mitarbeitenden Ziele vereinbart. Die 1:1-Meetings sind ideale Zeitpunkte, um daran zu erinnern und dabei zu unterstützen, dass es hierbei auch vorangeht.

 

Der Mittelfinger

Dies beinhaltet die Frage: Wer oder was stinkt dich aktuell an und verdient einen erhobenen Mittelfinger?

Nicht immer läuft alles rund. Mitarbeiter:innen machen Fehler, aber auch im Umfeld können Dinge schief laufen. Bei hierarchischen Strukturen gilt meines Erachtens immer das Motto, dass man nur „nach oben“ hin seinen Frust abladen darf – jedoch niemals „nach unten“. Als Lead ist man gefragt, sich Probleme anzuhören und Anregungen für Lösungen zu geben. Eine der häufigsten Impulsgedanken hierbei ist, den Mitareitenden zu ermutigen, proaktiv auf die Person zuzugehen, die für Frust gesorgt hat, und das Problem direkt und gleichzeitig sensibel anzusprechen. Feedbackkultur ist hier das Stichwort.

 

Der Ringfinger

Dies beinhaltet die Frage: Was bewegt dich derzeit und mit welchem zuletzt gewonnenen Erkenntnisgewinn fühlst du dich besonders verbunden?

Als Beratungsteam ist der kontinuierliche Erwerb von neuen Erkenntnissen essentiell. Daher ist man als Teamleiter:in daran interessiert, ob und welche Fachbeiträge, Webinare und co. der Mitarbeitende konsumiert und welche Learnings daraus gezogen wurden. Dies muss nicht nur das eigene Fachgebiet betreffen, sondern sollte alles betreffen, was das Gegenüber persönlich interessiert.

 

Der kleine Finger

Dies beinhaltet die Frage: Was kam in letzter Zeit bei dir zu kurz?

Das Leben ist voll von Dingen, die uns beschäftigen, so dass manchmal Dinge herunterfallen, die wir uns vorgenommen haben. Um ein besseres Verständnis über den Lebenskontext der Mitarbeiter:innen zu bekommen, kann diese offene Frage ein Schlüssel sein.

 

Die 5-Finger-Methode und weitere Anwendungsgebiete

Wie zuvor erwähnt, lässt sich die 5-Finger-Methode auch auf andere Bereiche übertragen. Letztlich adaptiert man hierbei die Eigenschaften eines jeden Fingers auf den jeweiligen Anwendungsfall. Da man seine Hand immer bei sich hat und sich mit fünf Fingern fünf Perspektiven abdecken lassen, ist dies eine sich gut merkbare Methodik.

Im Folgenden werden ein paar weitere Beispiele aufgezeigt, bei der die 5-Finger-Methode angewendet werden kann. Dies demonstriert die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten:

 

5-Finger-Methode beim Feedback geben

  • Der Daumen (Lob): Was fand ich gut?
  • Der Zeigefinger (Hinweis): Was ist dir aufgefallen?
  • Der Mittelfinger (Kritik): Was fand ich nicht so gut?
  • Der Ringfinger (Gefühl/Verbindung): Was nimmst du mit oder hat dich berührt?
  • Der kleine Finger (Mangel): Was kam zu kurz?

Weitere Informationen zum 5-Finger-Feedback findest du hier.

 

5-Finger-Methode beim Reden schreiben

  • Der Daumen (Status Quo): Geben Sie einen Überblick über die Ist-Situation, d.h. die Rahmenbedingungen und ihre Konsequenzen!
  • Der Zeigefinger (Zielsetzung): Formulieren Sie das Ziel Ihrer Rede!
  • Der Mittelfinger (Umsetzung): Gehen Sie darauf ein, wie das Ziel erreicht wird!
  • Der Ringfinger (Nutzen): Beschreiben Sie, welchen speziellen Nutzen das angestrebte Ziel und Ihr Lösungsweg hat.
  • Der kleine Finger (Handlungsaufforderung): Formulieren Sie den ersten, leicht durchzuführenden nächsten Schritt für den Zuhörenden!

Weitere Informationen zur 5-Finger-Methode, um strukturierte Reden zu schreiben, findest du hier.

 

5-Finger-Methode als Achtsamkeitstraining

  • Der Daumen (Hören): Was höre ich genau jetzt? Welche sind nah, welche fern? Welche laut, welche leise?
  • Der Zeigefinger (Sehen): Was sehe ich, wenn ich nach unten/oben, seitlich, geradeaus blicke? Was ist neu, was ist mir noch nie aufgefallen?
  • Der Mittelfinger (Spüren/Fühlen): Was spüre ich wo in/an meinem Körper? Wie/was fühle ich gerade?
  • Der Ringfinger (Schmecken): Was schmecke ich jetzt, mit meiner Zunge, im Mund? Wie lässt sich dieser Geschmack beschreiben?
  • Der kleine Finger (Riechen): Rieche ich genau jetzt etwas, wenn ja, was genau? Woher kommt der Duft?

Weitere Informationen zur 5-Finger-Methode als Achtsamkeitsübung findest du hier.

 

5-Finger-Methode beim Bibellesen

  • Der Daumen: Was gefällt dir an dem Text? Welche Aussage findest du gut?
  • Der Zeigefinger: Worauf macht dich der Text aufmerksam? Was will dir Gott dadurch sagen bzw. zeigen? Wo ermahnt dich der Text?
  • Der Mittelfinger: Ist im Text von Sünde oder Schuld die Rede? Was stinkt und wo merkst du, dass du Fehler gemacht hast?
  • Der Ringfinger: Sind im Text ein Versprechen oder eine Zusage enthalten? Was verspricht Gott dir bzw. seinen Leuten?
  • Der kleine Finger: Was willst du an dir, an deinem Leben, deinem Verhalten ändern? Was von dem Text kannst oder willst du (praktisch) umsetzen?

Weitere Informationen zur 5-Finger-Methode zum Bibellesen findest du hier.

 

Deine Meinung interessiert mich

Jedes Team ist anders und jede:r Mitarbeiter:in will individuell geführt werden. Daher würde mich interessieren: Wie strukturierst du deine 1:1-Meetings? Welche Fragestellungen „funktionieren“ bei dir gut? Wie oft finden bei dir Gespräche mit deinen Mitarbeiter:innen statt? Und wo setzst du bereits die 5-Finger-Methode ein?

Ich freue mich auf deine Rückmeldung in den Kommentaren…

 

5 Replies to “Das Potenzial der 5-Finger-Methode”

  1. Daumen hoch, Zeigefinger in Richtung zeigen, drei Finger zu Dir zeigen.
    Anwendung bei Schuldzuweisung:
    Zeigefinger in Richtung der beschuldigten Person : Warum hast Du das so gemacht?
    Drei Finger zu Dir und frage Dich selbst
    Finger 1: Warum hat er so gehandelt?
    Finger 2: Was habe ich falsch gemacht?
    Finger 3: Wurde er von mir ausreichend informiert?
    Erst danach führe ich das Gespräch. Nicht vorher.
    VG
    Hartmut

    1. Hi Hartmut,

      ja, das ist eine gute Ergänzung. Vielleicht weniger im Hinblick auf monatliche Jour Fixes mit Mitarbeiter:innen, aber grundsätzlich. Danke für deinen Kommentar!

      Viele Grüße,
      Darius

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert