In dieser Interviewserie stelle ich 7 Fragen an Inhouse-Führungskräfte aus dem Bereich SEO und Digitales Marketing. Hierdurch lernst du die Leads und ihre Perspektive über Leadership kennen und erhälst durch ihre Antworten Impulse für die Leitung deines eigenen Teams. Es lohnt sich also definitiv! Darf ich also vorstellen? Felix Welckenbach, Director Inbound Marketing bei HomeToGo. – Er wird mir im Folgenden Rede und Antwort stehen…
Felix Welckenbach
Director Inbound Marketing bei HomeToGo
Felix Welckenbach ist seit April 2020 Director Inbound Marketing bei HomeToGo, dem größten Marktplatz für Ferienwohnungen und Ferienhäuser weltweit. Dort verantwortet er mit seinem Team die Bereiche SEO, PR, Social Media und organischer Markenaufbau. Er hat über 13 Jahre Berufserfahrung im Digitalen Marketing, 10 davon als Führungskraft in verschiedenen Branchen und mit Stationen im Online Dating (Parship), Live Entertainment (Eventim), Consulting (TRG) und Travel (Expedia Group). Er lebt und arbeitet seit 2018 in London.
1. Welches Buch, Blog oder Podcast hat dich als Führungskraft positiv geprägt und würdest du weiterempfehlen?
Mich hat besonders das Buch No Rules Rules von Reed Hastings geprägt, in dem der Gründer und CEO über den Aufbau und Erfolg der Netflix-Kultur spricht. Grundsätzlich geht es ihm dabei um um die Maximierung von Freiheit (Freedom) und Eigenverantwortung (Responsibility) jedes Einzelnen Mitarbeiters. Netflix erschafft damit ein Umfeld, in dem Kreativität, Mut und Entscheidungsfreudigkeit die wichtigsten Triebkräfte von Innovation im Unternehmen werden. Gleichzeitig erfordert dies maximale Transparenz in Form einer direkten Feedback- und einer offenen Fehlerkultur untereinander und über Hierarchiestufen hinweg.
Nicht jedes Unternehmen profitiert dabei von einer 1:1 Adaption des Netflix-Ansatzes, letztendlich ist es als Unternehmen wichtig, eine individuelle Unternehmenskultur zu finden und zu pflegen.
2. Wie würdest du deinen Führungsstil beschreiben und welche Erwartungen impliziert dies auf deine Mitarbeiter?
Ich sehe meine Rolle als Führungskraft als Enabler und Coach. Nach dem Grundsatz “highly aligned on strategy, loosely coupled on execution” versuche ich ein Umfeld zu schaffen, dass sowohl Innovation und Risikobereitschaft fördert, als auch individuelle Verantwortung einfordert. Wir stellen Kolleginnen und Kollegen aufgrund ihrer Erfahrung und Expertise ein. Um individuell die bestmögliche Performance zu erzielen und damit zum Team- und Unternehmenserfolg beizutragen, braucht es ein ausreichendes Maß an Freiheit und Eigenverantwortung – davon bin ich überzeugt.
Wichtig ist mir dabei, die Vision und den Unternehmenserfolg mit dem Beitrag unseres Teams – idealerweise jedes Einzelnen – zu verknüpfen. Die Kommunikation von Erwartungen und das Aufzeigen eines klaren Zielbildes in Form von ORKs und persönlichen Zielen sind dabei die Instrumente meiner Wahl. Gemeinsam Erfolge zu feiern und regelmäßig als Team zusammenzukommens stärkt das Teamgefüge und gehört genauso dazu.
Darüber hinaus lege ich viel Wert auf persönliche Entwicklung und Karrierewege innerhalb unseres Teams und Unternehmens aufzuzeigen, um Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch langfristig zu motivieren.
Abschließend beschreibt der folgende Satz meinen Stil ganz gut: “Verlange nichts von anderen, das du nicht selbst tun würdest”.
3. Inhouse zu führen steht für mich auch stark in Verbindung mit dem Thema Stakeholder-Management. Wie gelingt es dir, andere Mitarbeiter und Abteilungen für dein Thema zu begeistern und für die Umsetzung der für dich wichtigen Themen zu sorgen?
Letztendlich geht es meiner Meinung nach um drei Dinge: Messbaren Wert zu schaffen, als Team zusammen Spass zu haben und Erfolge (und Misserfolge!) ins Unternehmens zu tragen. So klappt es auch mit dem Ressourcen: Wir arbeiten bei HomeToGo selbstverantwortlich und mit multifunktionalen Teams an SEO-, PR- Social Media Themen, so dass wir unsere volle Aufmerksamkeit auf die Planung und Ausführung legen können.
Bei vielen teamübergreifenden Projekten beobachte ich, dass ein solider Business Case – wir nutzen bei HomeToGo ein Memo-Format – und eine gute Story, die alle Stakeholder eines Projektes zusammenbringt und die gemeinsamen Schnittpunkte und Benefits aufzeigt, die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhen. Je mehr belastbare Daten und Beobachtungen dabei vorab bereits existieren, desto besser.
Neben den inhaltlichen Punkten basiert der Erfolg eines Projektes mit mehrere Stakeholdern auch auf dem Vertrauen der Kollegen und Kolleginnen untereinander. Als Führungskraft kann ich dies aktiv durch Zusammenbringen von Teams, das Teilen von relevanten Informationen und den offenen Umgang mit Fehlern beeinflussen.
4. Du bekleidest eine Position des mittleren Managements. Wie gelingt es dir, die Spannung auszuhalten, die Interessen der Geschäftsführung zu vertreten und gleichzeitig dein Team zu schützen bzw. ihre Wünsche zu berücksichtigen?
Bei HomeToGo geben wir viel Verantwortung in die Teams, zwei unserer Leadership-Principles lautet: Always be responsible und Act Entrepreneurial.
Im Rahmen dessen Stellen wir als Leadership-Team sicher, im Unternehmen so gut wie möglich klar machen, was wir als Unternehmen vorhaben und wo die Reise hingeht (Pun not intended). Wenn es dann um die Umsetzung geht, also wie die Ziele erreicht werden sollen, geben wir maximale Freiheit und Verantwortung in die Teams.
Ein weitere Aspekt: Gute Kommunikation. Klingt banal, ist jedoch oft die Ursache von Problemen, insbesondere zwischen Teams und Hierarchieebenen. Ich habe im Laufe meiner Karriere selten Fälle gesehen, in denen es Probleme durch zuviel Kommunikation gegeben hat – meist war das Gegenteil der Fall: Ergebnisse und Entscheidungen werden nicht dokumentiert und zuviele Gespräche finden in geschlossensen Slack-Gruppen oder zwischen einzelnen Personen statt. Das ist nicht nur ineffizient, sondern führt zu vermeidbarer Frustration bei Teammitgliedern und Stakeholdern.
5. Inhouse zu arbeiten, bedeutet in ein Unternehmen, eine Branche tiefer einzutauchen. Im Gegensatz zum Agenturleben kann dies u.U. für mehr Monotonie sorgen. Wie sorgst du daher bei deinen Mitarbeiter:innen für ausreichend Abwechslung und immer wieder neue Herausforderungen?
Das Inbound-Team bei HomeToGo verantwortet die organische Performance von mehr als 90 Domains in 25+ Märkten. Dadurch entsteht ein Spielfeld, auf dem sich das Team mit stetig neuen Herausforderungen und Problemstellungen konfrontiert sieht.
Um dieser steigenden Komplexität gerecht zu werden, haben wir letztes Jahr das Modell “Product Ownership” eingeführt, das den einzelnen Kollegen und Kolleginnen innerhalb von Inbound mehr Entfaltungsmöglichkeit und Fokus bietet, in dem Projekte gesamtheitlich verantwortet werden und zusammen mit Stakeholdern wie Design, Engineering und Data Analytics geplant und implementiert werden.
Zusätzlich haben wir bei HomeToGo das Konzept der Fokusgruppen: Hier kommen Kollegen und Kolleginnen aus unterschiedlichen Teams zusammen, um gemeinsam an einem neuen Thema zu arbeiten. Ein Beispiel: Nachhaltigkeit. Unglaublich komplex und daher prädestiniert für eine teamübergreifende Verantwortung (mit klarer Rollenverteilung).
Durch das Hineinschnuppern in neue Aufgabenbereiche, fördern wir Austausch, Vertrauen und den Aufbau von neuen Kompetenzen – außerhalb des eigentlichen Verantwortungsbereiches.
Innerhalb des Inbound-Teams haben wir einen regelmäßigen Austausch zu Entwicklungen im Reisemarkt, zu Wettbewerbsthemen, sowieso zu aktuellen Trends, um im Tagesgeschäft trotzdem ausreichend Priorität auf das Thema Weiterbildung zu legen. Meiner Erfahrung nach ist dies normalerweise der erste Bereich, der in stressigen Zeiten depriorisiert wird.
6. Meetings sind ein zentrales Tool im Unternehmensalltag. Diese haben sich stark durch New Work (Home Office, Remote Work etc.) verändert. Welche regelmäßig stattfindenden Meetings haben sich für dich bewährt und wie gestaltest du diese so, dass diese effizient ablaufen und Spaß machen?
Wir haben eine Reihe an bewährten Meetings. Wir starten mit einem täglichen Stand-up, in dem das gesamte Team für 15 Minuten zusammenkommt und die Tagesagenda bespricht. Dadurch, dass nicht alle Kollegen und Kolleginnen zeitgleich im Büro sind, sehen wir uns so zumindest einmal am Tag und informieren uns gegenseitig über Prioritäten, Blocker & Co.
Die einzelnen Teams innerhalb von Inbound: SEO, PR und Social Media, haben zusätzlich wöchentliche Termine, in denen operative Themen abgestimmt werden. Dabei wenden wir vor allem agile Methoden und Tools an und organisieren uns in wöchentlichen Sprints.
Darüber hinaus treffen wir uns alle 2 Wochen in einer “Power Hour” in der wir uns über OKR-Fortschritt, Performance, News und Markt-Trends austauschen. Hierbei rotieren die präsentierenden Personen und die Themen um für mehr Abwechslung zu sorgen. Die Themen selbst werden aus dem Team vorgeschlagen.
Durch mehr Remote-Work hat sich bei uns – wie bei vielen anderen – die Anzahl der Meetings deutlich erhöht. Um dem entgegenzuwirken, haben wir strenge Meetingregeln eingeführt: Klare Agenda, Zielsetzung, Pre-read und die Ermutigung, Meetings abzusagen, wenn jemand nicht sinnvoll zum Meeting beitragen kann. Insbesondere regelmäßige Meetings werden laufend in Frage gestellt. Dazu finden Mittwochs unternehmensweit gar keine regelmäßigen internen Meetings statt – unser Fokus-Tag.
7. Welche weiteren Herausforderungen siehst du in der Remote-Führung und wie gehst du damit persönlich um?
Ich finde, eine grosse Herausforderung der Remote-Führung ist zu erkennen, ob die Work-Life Balance stimmt und wie gestresst die Leute sind. Ich schaffe daher in meinen 1:1s den Raum, neben operativen und Entwicklungsthemen auch einfach zu verstehen wie es den Leuten geht und was sie gerade umtreibt.
Gleichzeitig ist es schwieriger mitzubekommen, was um das Team herum passiert. Der kurze Schnack an der Kaffeemaschine entfällt, neue Mitarbeiter trifft man seltener und Nebengespräche aus denen sich vielleicht spannenden Initiativen zwischen Teams entwickelt hätten, werden seltener. Um das auszugleichen, versuche ich 1x die Woche mit einer neuen Person innerhalb des Unternehmens zu sprechen.
Neben den genannten Punkten finde ich es schwierig, neue Kolleginnen und Kollegen zu rekrutieren und remote onzuboarden. Team- und Firmenkultur lassen sich nur unheimlich schwer virtuell vermitteln, weshalb wir als Team mindestens einmal im Quartals im Rahmen eines Offsites zusammenkommen und mehrere Tage miteinander verbringen. Viele Kollegen und Kolleginnen kommen mittlerweile auch trotz Remote-Work Flexibilität wieder öfter ins Büro und suchen den persönlichen Kontakt beim gemeinsamen Mittagessen oder Afterwork.
Bonusfrage: Unternehmen arbeiten z.T. auch mit Agenturen zusammen. Die Setups sind hierbei sehr vielfältig. Daher stellt sich hierbei die Frage, wer hier eigentlich wen wie am besten führen sollte. Wie ist deine Sicht der Dinge: Wie gelingt eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Agenturen?
Das perfekte Setup hängt meines Erachtens von mehreren Faktoren ab: Wie klar die Aufgabenstellung und das Briefing sind, die Spezialisierung der Agentur, die Größe und Expertise des Inhouse-Teams und ob die Agentur eher strategisch oder operativ in die Umsetzung eingebunden werden soll.
Je klarer ich mir bin, was ich als Kunde eigentlich möchte, und je genauer ich beschreiben kann, wie das Ergebnis der Agenturleistung aussehen soll, desto erfolgreicherer die Zusammenarbeit meiner Erfahrung nach.
Hier verhält es sich ganz ähnlich zur internen Führung: Ziele und Erwartungen kommunizieren ist wichtig, Ergebnisse offen und vor allem regelmäßig besprechen mindestens genauso wichtig. Der Grad zwischen Genauigkeit und Micromanagement ist dabei schmal: Ich möchte sicherstellen, dass die Ergebnisqualität möglichst hoch ist, gleichzeitig achte ich darauf, der Agentur ihren Freiraum zu geben, schließlich kaufe ich mir genau diese Expertise ein.
Ein weiterer Erfolgsfaktor: Die Incentivierung muss stimmen und finanziell muss es sowohl für die Kunden- und Agenturseite Spass machen. Ich bin ein großer Fan von nachverhandeln, allerdings hat auch dies Grenzen.