In 1:1-Meetings ist man als Führungskraft manchmal herausgefordert, Mitarbeitern in schwierigen Situationen zu begegnen. Das Gegenüber weiß möglicherweise weder ein noch aus, hat tausend Fragen im Kopf und/oder sucht nach einer Lösung. Manchmal hat man jedoch nicht direkt eine passende Antwort parat. Und selbst wenn, dann ist es meist der klügere Weg, den anderen mithilfe von passenden Fragen zu coachen. Doch mit welchen Fragen kann man Mitarbeitenden begegnen, wenn sie einen um Rat fragen?
Zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch! Wenn Mitarbeiter:innen auf dich zukommen und dich um Rat fragen, zeigt dies, dass sie dir vertrauen und eine Menge von dir halten. Gleichzeitig birgt dies aber auch eine Gefahr: Du drückst dem Ratsuchenden möglicherweise zu schnell deine Antwort auf, so dass er gar keine Chance hat, selbst zu einer eigenen Entscheidung zu gelangen. Auch wenn ich selbst immer wieder dazu neige, muss wir uns vor Augen malen, dass es selten der richtige Weg ist, die eigene Antwort dem Gegenüber auf dem silbernen Tablett zu servieren.
Man könnte meinen: „Reden ist Silber und Schweigen ist Gold“, doch wenn man um Rat gefragt wird, kann man auch nicht einfach nichts sagen. Führungskräfte sind in diesen Situationen als Coach gefragt. Coaching dient in erster Linie dazu, jemanden darin zu begleiten, dass er sich Ziele setzt und diese auch erreicht. Im Vordergrund steht dabei die Förderung von Selbstreflexion und Selbstwahrnehmung – nicht die Vermittlung von Wissen oder der Meinung des Coaches!
Um den Coachee zu begleiten, hat sich gezeigt, dass bereits die drei folgenden einfachen Fragen der Schlüssel für ein hilfreiches Coachinggespräch sein können:
Frage #1: Was willst du?
Diese Frage drückt eine Wertschätzung gegenüber der oder dem anderen aus, denn das „du“ ist das Entscheidende an dieser Frage. Die Frage signalisiert: „Du darfst etwas wollen!“ Oft sind wir in Systemen gefangen, in denen wir einfach zu funktionieren und die Wünsche eines anderen zu erfüllen haben. Das ist jedoch höchst problematisch, denn dies macht antriebslos. Menschen, die nicht mehr wollen können, fehlt jeglicher Antrieb. Manchmal ist uns dieser Antrieb aber auch schon genommen, wenn wir uns von den Vorstellungen anderer treiben lassen. Das eigentlich in einen Menschen hineingelegte Potenzial wird dadurch unterdrückt. Und Menschen tun Dinge, zu denen sie weder befähigt noch berufen sind. Ein Drama!
Es ist nicht ungewöhnlich, wenn man bereits bei der ersten Frage länger hängenbleibt. Menschen benötigen oftmals ihre Zeit, um für sich formulieren zu können, was sie eigentlich wollen. Was ihr Traum ist. Was ihre Berufung. Im Rahmen von Feedbackgesprächen merke ich ebenfalls häufiger, dass es nicht jedem so leicht fällt, konkrete Ziele und damit letztlich ja auch Wunschgedanken auszudrücken.
In meiner Rolle als Führungskraft habe ich den Traum, dass meine Mitarbeiter:innen ihre Stärken und Fähigkeiten entdecken und wir als Agentur- und Teamleitung Rahmenbedingungen schaffen, damit diese entdeckt und genutzt werden können. Aus meinen vorherigen Arbeitsstationen weiß ich, dass es nichts Schöneres gibt, als Teilhaber der Entwicklung eines Mitarbeitenden zu sein. Nur wer sagt eigentlich, dass sich dies nur auf fachliche Themen beziehen darf? Haben wir als Führungskraft nicht sogar das Potenzial, um unsere Mitarbeiter:innen darin zu ermutigen, sich ihren eigentlichen Träumen und Visionen zu nähern? Und ihre Persönlichkeit noch besser zu entdecken?
Frage #2: Was hindert dich daran es zu tun?
Wenn definiert ist, was der Ratsuchende will, gilt es sich die Hindernisse näher anzuschauen. Oftmals zeigt sich, dass es überhaupt keine realen Hindernisse gibt. Viel eher sind es persönliche Ängste und selbst konstruierte Vorbehalte, die einen Menschen daran hindern, Entscheidungen zu treffen und neue Schritte zu wagen. Meist wird befürchtet, dass etwas schief gehen könnte. Gegen eine sachliche, kritische Analyse der Möglichkeiten und Hindernisse ist sicher nichts einzuwenden, aber meist sind eben die emotionalen Lebenslügen die eigentlichen Gründe, warum Menschen auf der Stelle stehenbleiben. Hier kann es helfen, den Ratsuchenden wieder zur ersten Frage zurückzuführen und an die Träume und Visionen zu erinnern. In diesem Modus erscheinen Hindernisse immer viel kleiner, weil der Wunsch nach einer Veränderung meist viel größer ist und eine Entscheidung getroffen werden muss.
Frage #3: Was sind deine nächsten Schritte?
Abschließend gilt es den Coachee dazu zu ermutigen, seine Entscheidung auch wirklich in die Tat umzusetzen. Hierbei gilt es so konkret wie möglich zu werden. Man sagt daher auch nicht umsonst: „Etwas zu versuchen, ist nur eine lautstarke Art, sich davor zu drücken.“ Anstatt also vage Wünsche zu formulieren, muss es das Ziel sein, dass der Ratsuchende es schafft, konkrete nächste Schritte in Worte zu fassen, damit auch wirklich etwas in Bewegung gesetzt wird. Als Coach kann man daher fragen: „Was wirst du bis wann getan haben?“
Diesen Plan gilt es im besten Fall schriftlich festzuhalten und dabei auch alle Rahmenparameter zu berücksichtigen: Welche Personen sind noch beteilgt? Welche Kosten kommen auf einen zu? Wie ist die umzusetzende Reihenfolge? Ebenfalls besprochen werden sollte, inwiefern weitere Unterstützung von einem als Coach bzw. Führungskraft gewünscht ist. Ist das geklärt, liegt es beim anderen, das Besprochene Wirklichkeit werden zu lassen…
Deine Meinung interessiert mich
Wurdest du schon einmal um Rat gefragt? Geht es dir wie vielen, dass du zu schnell damit begonnen hast, deinem Gegenüber deine „goldenen Antworten“ aufzutischen? Oder hast du mit hilfe von den drei obigen oder auch anderen Fragen einen Ratsuchenden schon erfolgreich zu einer Entscheidung verhelfen können?
Ich freue mich auf deine Rückmeldung in den Kommentaren…